Ein Seminar für Kreatives Schreiben könnte man als Frechheit bezeichnen. Jedenfalls wenn es „Schreiben lernen“ als Trichter in den Kopf, Tollschreiben rein – fertig verkauft. Was so einige suggerieren.
Andere verkaufen Gut-Schreiben oder sogar Roman-Schreiben als eine Art Cocktail Mixen mit Wörtern und Geschichten. Zutaten sind ein bisschen Zeitgeist, ein Konflikt, eine Liebesgeschichte, eine Prise soziale Milieustudie gern einen durchtriebenen Gegner, knackige Dialoge und skurrile Nebenfiguren – bis am Ende der Held in den Sonnenuntergang reitet. „Zack feddich“ nennen das die Bastelbrothers.
Ginge Schreiben so, könnte man es auf jeden Fall lernen. Einige der genannten Zutaten braucht eine Geschichte ja tatsächlich. Aber nicht immr. Oder eben immer andere, in immer anderer Mischung. Manchmal braucht es Zutaten, deren Wirkung so lang unbekannt sind, bis fertig gekocht ist. Und ganz oft schmeckt es trotz der „richtigen“ Zutaten nach gar nichts, oder gar nicht.
Es gibt Schreibseminare in der englischsprachigen Welt seit Jahrzehnten, von großen und ganz großen und nicht so großen oder ganz und gar unbekannten Autoren unterrichtet. Sie sind Standard an so ziemlich jeder Hochschule der USA und vielen Unis in Großbritannien.
Nur einige, die diese Kurse belegen, wollen aber auch Autoren werden. Sie müssen/wollen jedoch alle schreiben: Hausarbeiten, Abschlussarbeiten, Vorträge, Reden, Referate, Zusammenfassungen und Analysen, Zeitungsartikel, Blogeinträge usw. Tatsächlich helfen hier Methoden des Creative Writing, hilft pures Handwerkszeug und der bewusste Umgang mit Stilmitteln wie Rhythmus, Ton, Bildern, Dialog und mehrdimensionalen Figuren uvm..
Wer mehr will, als einen kompakten, verständlichen, gut strukturierten, sprachlich gelungen Text zu schreiben, wer weiter will, hinein ins Unbekannte des eigenen Ich, in eine erfundene Geschichte über das Leben eines Fremden, der nur im eigenen Kopf existiert, oder gleich raus in den Weltraum oder in den Kopf eines Mörders oder das Leben eines genialen Kindes, wer Kurzgeschichten oder einen Roman schreiben will, der kann in so einem Seminar sehr gut damit beginnen zu sortieren und probieren. Und muss danach weitermachen. Belegt vielleicht weitere Kurse, lässt sich coachen, liest Ratgeber und die Selbstauskünfte gestandener Autor*innen, liest überhaupt alles, was es zum Thema Drehbuch, Drama, Buch und Short Story gibt. Aber vor allem tut er die ganze Zeit vor allem eines: Schreiben. Und nicht aufhören, bevor es fertig ist. Mal mit guten, mal mit nicht mal mehr befriedigendem Ergebnis.
Am Ende ist dieser Rat das Allerallerwichtigste, einer, den man immer und immer wieder von Giganten wie Stephen King, Murakami und einfach sehr, sehr vielen Autoren und Autorinnen hört: Du musst sitzen bleiben. Du musst fertig werden. Wichtiger als vorher Ideen kommen zu lassen oder beim Schreiben die Adverbien wegzulassen, wichtiger als Plot und lebendige Dialoge und und und.
WEITER Morgen mit TEIL 3