Dutzende auch in Deutschland gelesene Autoren stammen aus den Creative Writing Kursen und Schulen der USA. Wir in Deutschland huldigten bis vor rund 20 Jahren dem künstlerischen Geniekult, lauschten Diskussionen literarischer Gruppen grauhaariger Männer, deren moralischer und manchmal politischer Anspruch qua Autorenamt nie hinterfragt wurde. Ganz zu schweigen von der Qualtiät der Bücher. Oder ihrer Lesbarkeit ( ich meine audrücklich nicht Kemposwski, Uwe Johnson, Böll, Grass, Bachmann oder Walser).
Wir beteten viele Jahre sprachgewaltige Langeweiler an und hielten Deutschland koch immer noch für ein Land von „Dichtern und Denkern“. Wem dieses Schreiben und Treiben zu anstrengend und vergeistigt und vergreist war, wer trotzdem schreiben wollte, der konnte bis in die 90er Jahre hinein nur in Journalismus machen. Bis Christian Kracht und Benjamin von Stuckrad Barre und Jana Hensel, Juli Zeh und und und… kamen. Das war dann erstmal „nur“ Popliteratur, bis man gerlernt hat, dass kluge Bücher auch unterhalten dürfen.
Heute schreiben viele Journalisten und Journalistinnen auch Romane und Schriftsteller und Schriftstellerinnen publizieren in Zeitungen – sie äußern sich gelegentlich sogar politisch – auch wenn das keinen mehr richtig interessiert – vor allem aber schreiben sie toll und gegenwärtig.
Hierzulande glaubten wir viel zu lang, zum Schreiben sei man halt geboren wie zum… ja was denn eigentlich? Malen? Basketballspielen, Schach? Gehirnchirurgie oder Komposition, Kochen, Karate?
Alle, die darin je gut waren oder sind, haben einfach unheimlich viel geübt. Und die überragenden Frauen und Männer einer Disziplin haben noch mehr geübt – und konnten sich dann, wenn’s drauf ankam locker machen, um echte Ideen zu haben und oder echte Gefühle. („Jazz ist ganz viel draufhaben – und dann locker lassen“ sagte ein Musiker) Nur beim Schreiben soll das anders sein? Sicher nicht.
Ich unterrichte Kreatives Schreiben, weil ich glaube, dass man viel lernen kann über das Schreiben – wenn auch das Bücher-Schreiben selbst nicht in einem Seminar erlernbar ist. Das lernt man allein. Beim Sitzenbleiben und fertig werden.
Deshalb kenne ich Absolventen von Literaturinstituten, die richtig toll schreiben und einige, denen das Studieren dort auch nicht half. Ich kenne Literaturpreisträger und Stipendiaten, die nie ein Buch über das Schreiben gelesen haben und publizierte Autoren, die nie eine Schreibschule von innen sahen. Und es gibt die, die dort vielleicht nicht ihre Kreativität, aber ihr Selbstbewusstsein bekamen, weiterzumachen. Oder Mentoren fanden, die ihnen durch eine schwierige Zeit halfen. Oder wertvolle Tipps zu typischen Fehlern in und Problemen mit einem Text erhielten. Oder die einfach herausfanden, dass es so viele mögliche Themen und Figuren wie Chinesen gibt.
Vielleicht gibt es deshalb nach jahrzehntelangem Naserümpfen so viele Online-Schreib-Seminare und Schreib-Coaches und Blogs und Videoseminare wie Stilblüten und schiefe Bilder wie in den Romanen von Ken Follet. Ein Lektor sagte mal, er habe das Gefühl es gebe auch schon mehr Autoren als Leser. Für manche Stadtteile von Berlin stimmt das sicher.
Einige der Online-Kurse sehen jedenfalls richtig gut gemacht aus (kann das nur per Augenschein beurteilen, habe noch nie einen belegt).
Es gibt auch viele fantastische Autorenratgeber und „Wie werde ich Schrifsteller“ Bücher.
Daneben aber auch Regalmeter geradewegs krimineller Schmuhbücher, die propagieren, man könne anhand von Check-Listen, Figuren- und Dialogmustern, einem Plot und Dialogschemata ein gutes Buch schreiben – gut hier im Sinne von verkäuflich. Mich erinnern diese „Berater“ an die weißen Transporter, die einige Jahre durch die deutschen Innenstädte fuhren und deren Insassen wahllos Leute auf der Straße anquatschten. Sie hätten eine Ladung Stereoanlagen / Lautsprecher / Fährräder zum Händler gebracht der Lieferschein sei falsch gewesen und sie hätten jetzt noch einige Top Modelle hinten drin, die sie für einen super Preis verkaufen könnten. Klar, warum nicht? Oder eben: WTF?
Gleiches gilt für Seminare, die versprechen, wir könnten danach einen verdammt guten Roman schreiben, um den Agenten und Verlage sich auf Bieterschlachten reißen. Was ich für meine Seminare versprechen kann ist etwas ganz anderes.
Morgen Teil 4 mit 4 wichtigen Dos und Don’ts