Eine Autobiografie, ein Werkstattbericht, ein Ratgeber – und liest sich wie ein Roman vom King. Im Lebenslauf schildert Erinnerungen und Momente, die für King seinen Weg zum Autor ebneten. Lässig erzählt er von einem jungen Mann mit Ambitionen und Sitzfleisch – aus dem sich durch viele Jahre üben der Autor herausschält,

3 simple Regeln des Schreibens
King erzählt nach diesem Durchbruch über die Methoden und Mittel, die für ihn in nun seit über 50 Jahren Schreiben funktionieren: Die Formel ist einfach und für jeden machbar:

  1. Viel lesen
  2. viel schreiben.
  3. Und dann noch ein paar sprachliche Hinweise beachten: Adverbien hassen, Passiv lassen und ansonsten die rhetorischen und grammatikalischen Regeln befolgen – solang man nicht sicher ist, dass man es gut macht.

Ab da darf man auch ein bisschen mehr spielen. King erzählt ein paar Seiten lang etwas über gute Beschreibungen und ihren dosierten Einsatz. Er zeigt gute und sehr schlechte Dialoge und warum es beides gibt. Überhaupt: Als Profi könne man auch von schlechten Büchern viel lernen – allerdings sei er zu alt heute, um sich seine Zeit von schlechten Büchern stehlen zu lassen. Da reicht ihm manchmal schon ein schiefes Bild oder eine lächerliche Metapher, um das Buch wegzulegen.

„Gutes Schreiben hat viel damit zu tun Angst und Affektiertheit abzulegen. Affektiertheit selbst, angefangen mit dem Bedürfnis einige Scheibstile als gut andere als schlecht einzustufen, ist angstbesetztes Verhalten. Gutes Schreiben bedeutet auch, die Werkzeuge, mit denen man arbeiten möchte, überlegt auszuwählen“

King hat ja seit Beginn seiner Karriere zu hören bekommen, er würde gar keine Literatur machen. Wer das glaubt, soll weiter seine unverständlichen Bücher ohne Dialoge und Handlung über Bachläufe oder heilige Küsse und erzene Ehen schreiben.

Hier ist ein amerikanischer Erzähler am Werk, der unterhalten will, dem es nicht zuerst um ein Thema geht, nicht um den Plot, sondern um spannende, treibende Figuren. Und auch um Sprache – auch wenn diese nicht klingt wie bei Cormac McCarthy oder Delillo. Er will eine Geschichte erzählen, so gut, so kompakt, so genau und fließend, dass der Leser …“vergisst, dass er überhaupt eine Geschichte liest“. Und das gelingt dem Mann sogar bei diesem Sachbuch. Seine Methode: Ins Zimmer gehen und jeden Tag (jeden!) erst wieder aufstehen, wenn 2000 Worte geschrieben sind.

„Inspiration existiert – aber sie muss dich arbeitend vorfinden“ (Pablo Picasso)

Die Magie

Das Leben und das Schreiben von Stephen King

Und dann gelingt es King inmitten dieser protestantischen Arbeitshaltung die Magie zu beschreiben, die dem „Schaffen“ und Erfinden innewohnt: der Flow, also dass sich eine Geschichte selbst schreibt, Figuren anfangen zu leben und auch für den Autor überraschende Dinge sagen, machen und wollen.Er sagt, dass es am Ende immer die Figuren selbst sind, die die Handlung verändern, und nicht die Handlung die Figuren.

Im Kapitel „Über das Schreiben“ bewegt sich King eine Ebene höher, raus aus der Werkstatt mit Grammatik, Rhetorik und korrektem Satzbau. Zum Beispiel erzählt er darüber, wenn man als angehender Autor ein Buch liest und denkt, „Zur Hölle, das könnte ich besser.“ Das ist ein wichtiger Moment, weil man zugleich die Erfahrung und das Selbstvertrauen hat, es auch zu tun.

Und dann auch wieder seine Maxime: lesen, viel lesen, immer lesen. Ein Autor braucht Zeit, Zeit zum Lesen und noch viel mehr Zeit zum Schreiben. Und wenn er oder sie nicht allein lebt, gibt es auch noch Familie und Freunde. Fernsehen? Wann denn? Dafür war er eine ganze Weile seines Lebens (und hat dabei einiger seiner besten Romane geschrieben) Alkoholiker und drogenabhängig. Auch das erzählt er mit Blick aufs Schreiben und vor allem sein Leben. Mehr von King auf seiner Webseite.

Tür zu, Tür auf
Wo man schreibt, sollte man gern sein und gut sitzen und dann einfach los. Egal ob neben der Heizung im Keller, in einem Gartenhaus, im Arbeitszimmer oder nachts am Küchentisch. Alleinsein, die Welt aussperren (die Tür schließen, nennt King das, und dazu muss man auch gewillt sein) ist essentiell, denn als Autor will man eine Welt schaffen, also muss die andere eine Weile draußen bleiben.

Und dann nur noch vom langweiligen Vernunftdenken des Alltags lösen und los… Er schlägt für den Anfang vor 1000 Worte am Tag und immer weiter, solang die Geschichte heiß ist. Dann überarbeiten (und um mindestens 10% kürzen) und Tür auf, zum Lesen geben, und wieder überarbeiten. So lang, bis es fertig ist. Wann das ist, lernt man mit den Jahren.

King berichtet aus der eigenen Werkstatt, erzählt wie die Idee zu Carrie entstand oder zu The Last Stand oder weiteren Klassikern. Er zeigt am Ende des Buchs seine Überarbeitungen und belegt damit, was er vorher in Theorie geschildert hat: sprachliche Regeln, Dialoge, Klarheit, 10% kürzen. Es gibt Exkurse zu Agenten, den idealen Erst-Lesern und dem Umgang mit Kritik. Es gibt eine fiktive Biografie eines jungen aufstrebenden Autors – und wie es gelingen oder schief gehen kann.

Schreibseminare
Schreibseminare und was man lernen kann: Ihm graut es (ja, dem King of Horror!) vor den typischen Diskussionen in diesen Kursen: „Mir gefällt die Atmosphäre in Peters Geschichte, sie hat so etwas… so ein Gefühl von.. so etwas Liebevolles. Keine Ahnung..“ Wem sollen solche Aussagen zu einem Text etwas bringen? Zu selten gehe es um Sprache und Erzählstruktur, zu oft um Gefühle und Atmosphäre.
Und wenn der Kurs nicht von einem „nickenden lächelnden, feierlich gedankenverloren blickenden Schwachkopf“ geleitet wird und die Gespräche über die Texte nicht nur intellektuell anregend, sondern für den Autor und sein Schreiben nutzlich sind, dann kann so ein Seminar sinnvoll sein. King glaubt aber, dass der „Erklärungsdruck“ in diesen Seminaren, die kreative Energie in die falschen Kanäle lenke.

Das Buch endet mit der Erzählung von Kings Unfall 1999, der ihn fast getötet hätte. Das vorliegende Buch wurde aus dem Schmerz geboren. Er hat sich zurück ins Leben geschrieben. ALLES, was er zuvor als Werkzeugkasten und Über das Schreiben geschildert hat, lässt er in dies Abschluss-Geschichte über sich selbst fließen zu lassen – sein Leben, aber so real wie Kings Romane..